Wettbewerb zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Radios ist gestört
18. November 2004
Die privaten Radioanbieter in Deutschland fühlen sich gerade angesichts der anstehenden Gebührenerhöhung massiv im Wettbewerb zum öffentlich-rechtlichen Hörfunk benachteiligt. "Es ist ja nicht nur die Gebührenerhöhung, auch für die Werbebeschränkungen der Anstaltsradios ist im Rundfunkstaatsvertrag die Latte so hoch gehängt und mit soviel Ausnahmeregelungen versehen, dass jede Anstalt in der Praxis machen kann was sie will", erläutert Felix Kovac, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Privater Rundfunk (APR). Und schließlich betätige sich der öffentlich-rechtliche Hörfunk außerhalb des Programms etwa bei Off-Air-Veranstaltungen kommerziell: "Manchmal hat man den Eindruck, als seien die Hörfunkdirektionen der Rundfunkanstalten um eine Hauptabteilung aus dem Schaustellergewerbe erweitert", fasst Kovac die Situation pointiert zusammen. Demgegenüber hätten die privaten Programmanbieter mit einer Stagnation ihrer Finanzierungsmöglichkeiten aus der Radiowerbung auf einem tiefen Niveau zu kämpfen. Die APR erinnert an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach der Gesetzgeber zu einer Nachbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen verpflichtet ist, "sollte sich im Laufe der Zeit erweisen, dass lokaler Rundfunk unter den gegebenen rechtlichen Bedingungen nicht funktionieren oder wirtschaftlich aufrecht erhalten werden kann". Bei der anstehenden Beratung um die Gebührenerhöhung und den 8. Rundfunkänderungsstaatsvertrag sei also einzubeziehen, "die Schieflage im dualen Hörfunksystem zu beenden", fordert Kovac mit Blick auf die Bestimmungen in den einzelnen Bundesländern. Die APR macht in einer soeben veröffentlichten "Positionsbeschreibung" konkrete Vorschläge hierzu.
Sonderwerbeformen und Sponsoring sollten zukünftig dem privaten Hörfunk vorbehalten sein. Die ARD-Radios sollten ausschließlich nationale Spotwerbung senden. Diese soll nach den Vorstellungen der APR in einem ersten Schritt auf 40 Minuten, höchstens sechs Minuten je Stunde begrenzt werden. "In der Primetime bleibt damit genügend Werbefläche, um die Bedürfnisse der nationalen Markenartikler zu befriedigen", betont Kovac. Bis Ende des Jahres 2010 soll die Werbung in öffentlich-rechtlichen Radios schrittweise abgeschafft werden. "Wir verzichten auf Maximalpositionen und fordern ein Übergangsszenario, das in den einzelnen Bundesländern je nach Wettbewerbslage auch differenziert ausfallen kann", beschreibt Kovac die Position seines Verbandes.
Der Verdrängungswettbewerb beispielsweise durch großflächige, aus Gebühren finanzierten Plakataktionen während des Zeitraums von Reichweitenerhebungen müsse ebenfalls eingeschränkt werden. Das gelte auch für Gewinnspiele mit ihren Berührungspunkten zu Sonderwerbeformen. Jede Art von Schleichwerbung müsse ausgeschlossen werden, die Zusage von Nennungen von Produkten im Programm statt in Werbeblöcken dürfe zukünftig bei Preisverhandlungen über Werbespots auch unter der Hand keine Rolle mehr spielen. Die Möglichkeit der Cross-Media-Nutzung von Inhalten, Werbung und bei Veranstaltungen wird als weiterer Problembereich aufgelistet, in dem der Gesetzgeber handeln müsse. Kovac unterstreicht, dass das allgemeine Wettbewerbsrecht nicht ausreicht, "das ist vielmehr eine medienpolitische Weichenstellung der Landesgesetzgeber, der die Funktionsfähigkeit auch des privaten Hörfunks, insbesondere des lokalen und regionalen Radios gewährleisten muss."
Die APR vertritt im Schwerpunkt lokale und regionale Radiostationen. Ihr gehören über 200 Unternehmen an.
Das Positionspapier der APR ist an anderer Stelle abrufbar.